Archives 2024

Nester und Standortsituation

Allgemeines zu den Nestern und der Standortsituation der Asiatischen Hornisse Vespa velutina nigrithorax (Vvn)

Vespa velutina nigrithorax baut zwei Arten von Nestern: Primär- und Sekundärnester. Die werden wie folgt unterschieden:

Im Frühjahr, wenn die Temperaturen ansteigen und die junge, im Herbst begattete Königin ihre Winterstarre beendet, baut sie ein kleines, erstes Nest, welches zunächst als Embryonal– und später als Primärnest bezeichnet wird. Das Primärnest enthält in der Regel bis zu 4 vertikal ausgerichtete kleine Brutteller. Dieser erste Nestbau findet in weitestgehend frostfreien, geschützten Bereichen statt. Bisher nachgewiesene Standorte für Primärnester sind:

  • Totholz
  • Kaminholzstapel
  • Hecken
  • Erdlöcher
  • Keller
  • Schuppen
  • Kanalschächte
  • Dachvorsprünge/ Dächer
  • unter Grillhauben
  • zusammengeklappte Sonnenschirme
  • Aufbewahrungsboxen für Polsterauflagen
  • Kompostboxen

Nach Schlupf der ersten Brut, die in der Regel hauptsächlich aus Arbeiterinnen besteht, verlässt die junge Kolonie das zu eng werdende Primärnest und baut in naher Umgebung ein höher gelegenes Sekundär- oder Filialnest. Je nach regionalen Witterungsbedingungen findet dies Ende Mai/ Ende Juni statt. Dieses zweite Nest kann bis zum Herbst eine äußerst beindruckende Größe erreichen und mehrere tausend Tiere umfassen. Bisher nachgewiesene Standorte für Sekundärnester sind:

  • Baumkronen (alle Baumarten)
  • Hecken
  • Hausdächer, Dachvorsprünge 

Es gibt zahlreiche Beispiele, in denen das Primärnest beibehalten und zu einem Sekundärnest erweitert wurde. Die Gründe dafür sind nicht eindeutig. Möglicherweise spielen Standort und Wetterlage eine entscheidende Rolle. Da Vvn aber zur Gruppe der eusozialen Insekten gehört, sind Gruppierungen, Arbeitsteilungen und somit auch gruppenbetreffende Entscheidungen vorauszusetzen.

Studien belegen, dass Vvn den Nestbau in ca. 10m Höhe und mehr bevorzugt (Rome/ Villemant 2015). Die Nestausrichtung erfolgt oft in südliche Richtung. Das Flugloch wird gern in östliche und nordöstliche Richtung angelegt (Perrard 2009). Das Flugloch ist immer seitlich. Die Form des Nestes sticht besonders ins Auge: oft kugelrund in der Größe eines Fuß- oder Basketballs oder nahezu tropfenförmig. Die Nestfarbe kann als oft als beigebraun beschrieben werden. 

„So ein großes Sekundärnest wiegt mit Ast so gerne mal 6-8 Kg. Ohne Ast eher so 3-4 Kg. Ja nach Neststärke kann so ein Nest zwischen 4 und 10 Brutteller haben, glaube sogar von 12 gelesen zu haben, wenn man so ein ganz großes Nest hat. In den unteren 2 bis 3 Bruttellern sind die Jungköniginnen drin. Drohnen sollen am Rand sein und man kann diese bei ausgewachsener verdeckelter Brut an der Höhe des Deckels im Vergleich zu den Arbeiterinnenzellen erkennen. Drohnen sind beim Schlupf bereits größer. Bei Jungköniginnen und Drohnen ist es bei verdeckelter Brut von der Höhe nicht mehr wirklich zu unterscheiden. Im Maden- Stadium könnte ich das nicht unterscheiden.“ Nicole König, 07.01.2025

Standardquellen (alphabetisch)

 

Allgemeines zur Auswirkung invasiver Arten auf regionale Biodiversität

Was bedeutet Biodiversität?

Als Biodiversität (Vielfalt des Lebens) bezeichnet die Biodiversitätskonvention der Vereinten Nationen die Vielfalt aller lebenden Organismen, Lebensräume und Ökosysteme auf dem Land, im Süßwasser, in den Ozeanen sowie in der Luft. Biodiversität beinhaltet:

  • die Vielfalt unterschiedlicher Arten als auch innerhalb einer Art (taxonomische Diversität)
  • die genetische Vielfalt innerhalb einzelner Arten sowie die Diversität aller Organismen eines Lebensraums (genetische Diversität)
  • die Vielfalt an Biotopen und Ökosystemen sowie an Ökosystemfunktionen wie Bestäubung und Samenverbreitung (ökologische und funktionale Diversität)
  • die Vielfalt an Verhaltensweisen von Tieren (kulturelle Vielfalt).

Begriffe wie Artenvielfalt oder biologische Vielfalt werden häufig synonym verwendet. Laut der obigen Definition ist das Konzept der Biodiversität jedoch umfassender als der Begriff der Artenvielfalt. Dieser ist lediglich ein Maß für die Anzahl an Arten. Artenvielfalt ist also strenggenommen nur ein Teilaspekt der Biodiversität.

Quelle: Biodiversität – Vielfalt des Lebens. In: Max-Planck-Gesellschaft. o. J.

 

Welche Auswirkungen bestehen grundsätzlich bei Einwanderung invasiver (nicht-einheimischer) Arten, ob Pflanzen oder Tiere? 

Invasive Arten beinträchtigen regionale Ökosysteme, die sich über lange Zeiträume eigenständig entwickelt haben und sich an die gegebenen ökologischen und klimatischen Bedingungen und Veränderungen angepasst haben. Diese gebietsfremden Organismen dringen in etablierte Lebensräume ein und verändern aufgrund ihrer konkurrenzstärkeren Eigenschaften (z. B. schnelleres Wachstum, höhere Reproduktionsraten, Resistenz gegen lokale Krankheiten oder effizientere Ressourcennutzung) den bestehenden biodiversen Bestand einer Region.

Auf welchen Wegen werden ortsfremde Arten verbreitet und invasiert?

Ortsfremde Arten werden primär durch menschliche Aktivitäten verbreitet. Der globale Handel transportiert unbeabsichtigt Organismen in Ballastwasser, Transportcontainern oder als blinde Passagiere. Besonders bedeutsam sind der internationale Pflanzen- und Tierhandel, bei dem exotische Arten gezielt eingeführt werden, sowie der Tourismus und Warenverkehr. Natürliche Ausbreitungswege umfassen Klimaveränderungen, die neue Lebensräume eröffnen, sowie Verkehrswege wie Straßen und Wasserstraßen, die als Ausbreitungskorridore dienen.
Entscheidend für die erfolgreiche Invasion sind günstige Umweltbedingungen, das Fehlen natürlicher Feinde und die hohe Anpassungsfähigkeit der eingeschleppten Arten. Städtische Räume mit ihren veränderten Umweltbedingungen begünstigen zusätzlich die Etablierung gebietsfremder Organismen. Die Komplexität der Ausbreitung resultiert aus dem Zusammenspiel menschlicher und ökologischer Faktoren.

  • Worin liegt die Beeinträchtigung für die einheimische Biodiversität … und welchen wirtschaftlichen Schaden richten sie an?
    • Verdrängung einheimischer Arten bis hin zum Aussterben
    • Veränderung von Lebensräumen
    • Beeinflussung von Ökosystemfunktionen wie Nährstoffkreisläufe oder Bestäubungsmuster
    • Störung von Nahrungsketten und -netzen
    • Krankheitsübertragung für neue Krankheitserreger, die von einheimischen Arten nicht bekämpft werden können
    • genetische Veränderungen durch Hybridisierung
    • Konkurrenz um Ressourcen wie Nahrung, Wasser und Lebensraum
    • Veränderung der Bodenchemie durch invasive Pflanzen. Dies kann auch zur Folgeerscheinung werden, wenn sich die Flora durch die fehlende Bestäubungsleistung aus Mangel an Bienen (verursacht durch die Vvn), zu verändern beginnt
    • Verstopfung von Wasserwegen durch invasive Wasserpflanzen

Welchen wirtschaftlichen Schaden richten invasive Arten an?

Zu den Millionen-Schäden in der Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft, Imkerei und im Gartenbau etc. kommen Kosten für Bekämpfungsmaßnahmen und Prävention hinzu. Aber auch an Gesundheitskosten durch allergieauslösende Pflanzen oder Tiergifte (wie bei der Vvn) und Reparaturen von beschädigter Infrastruktur, etwa bei der Verstopfung von Einlassrohren in Fabriken, Kraftwerken oder Wasseraufbereitungsanlagen durch invasive Muscheln ist zu denken.

Der Einfluss der Vespa velutina nigrithorax auf die heimische Biodiversität

Die Vvn ist 2004 in Europa angekommen und seit 2014 in Deutschland registriert. Derzeit gibt es keine umfassenden Studien oder Statistiken zu ihrem Einfluss auf die jeweilige regionale Biodiversität.

 

Triangulation, eine Kurzanleitung zur Nestsuche

Kurzanleitung zur Triangulation
Die Triangulation ist eine Methode zum Auffinden der Nester der Asiatischen Hornisse, Vespa velutina nigrithorax (Vvn), mithilfe von Karteneinzeichnungen. Bestimmt werden Flugrichtung und Flugzeiten. Von (mehreren) Locktöpfen werden (unterschiedlich) markierte Vvn fliegen gelassen.

  • Beobachtung der Flugrichtung, Einordnung der Himmelsrichtung mit Kompass
  • Messen der Zeit, bis die Vvn wieder am Locktopf ist
  • Einzeichnung auf einer Karte – hier ist ein Ausdruck von der aktuellen Umgebungskarte, digitale Karten oder Apps sehr hilfreich
  • sind Tiere von unterschiedlichen Locktöpfen in eine bestimmte Richtung gestartet, kann mittels der eingezeichneten Flugrichtungen der mögliche Bereich des Nestes eingegrenzt werden. Unterscheiden sich die Flugrichtungen, erstellt man eine Kreuzpeilung.

Beispiel: Triangulation auf Karte©:CC BY-SA Alfred Roth

Beispiel: Triangulation auf Karte

Berechnung der Entfernung mit Hilfe der Fluggeschwindigkeit

Wie weit ist oder kann das Nest der Vvn vom Locktopf bzw. aktuellen Standort entfernt sein? Die Information ist extrem wichtig für die Nestsuche via Triangulation.
Für eine grobe Entfernungsbestimmung wird die folgende Berechnungsmethode empfohlen:

  1. Berechnung:
    • Minimum: Sekunden der Flugzeit × 6,0 ÷ 2
    • Maximum: Sekunden der Flugzeit × 6,5 ÷ 2
    • Die Verweildauer im Nest wird dabei nicht abgezogen
    • Berechnungshilfe: Entfernungsrechner
  2. Praxis:
    • bei warmem Wetter fliegen die Tiere schneller, die maximale Entfernung liegt häufig etwas über den berechneten Werten
    • zusätzlich von der Flugzeit abgezogene Verweildauern (z. B. 36-45 Sekunden) sind laut Erfahrungsberichten unzuverlässig (Quelle: WA-VAH, Dirk Wacker, 13.09.2024)
  3. hilfreiche Kartentools zur Nestsuche findest Du HIER

Vvn Einzeltier am verengten Flugloch einer Bienenbeute©:CC BY-SA Nicole König

Vvn Einzeltier am verengten Flugloch einer Bienenbeute

 

Einfache Erklärung zur Triangulation:

 

Locktopf/ Dochttopf

Kurzanleitung zum Locktopf = Dochttopf

Velutina Locktopf©:CC BY-SA Thomas Beissel

Velutina Locktopf

Der Lock- oder Dochttopf ist ein praktisches Hilfsmittel zum Nachweis und der Überwachung der Asiatischen Hornisse Vespa velutina nigrithorax (Vvn). Der Topf kann mit unterschiedlichen Flüssigkeiten gefüllt werden, um Vvn anzulocken und die Tiere auf diese Futterquelle zu konditionieren.

Der Locktopf bildet den Ausgangspunkt für die Nestsuche.

Locktöpfe sind einfach selbst zu bauen – mit einem Einwegglas inkl. Deckel oder einem Probenbecher und einem Lappen/Textilstück/Schwammtuch sowie einem Lockmittel.  Je größer die Verdunstungsfläche vom Docht ist, desto mehr Duft wird in die Umgebung abgegeben. Hier ist darauf zu achten, dass der Locktopf sich auch schneller leert.
Hierbei ist sicherzustellen, das der eingesetzte Docht und die Lochgröße am Behälter (Schlitz ist besser als rundes Loch) ein Eindringen von Insekten in den Behälter verhindert. Denn: niemals fungiert ein Locktopf als Lebendfalle !

Rezepte & Mittel für den Lockstoff

  • 1/3 Dunkles Starkbier, süß + 1/3 Holundersirup + 1/3 Weißwein, süß
  • Trappit Wasp Bait (umgangssprachlich nur „Trappit“) – fertig angemischter Lockstoff (Kosten: durchschn. 30€/1l),
    Essig hinzufügen, das hält Bienen fern
  • Mischung Zuckerwasser + Schluck Hefesatz vom Federweißen + Spritzer Essig
  • Galicische Mischung: 5 l Wasser, 2 – 2,5 kg Zucker, 1 frischer Würfel Hefe – hier ist auf die Gärung zu achten, beim Ansetzen gerät der Behälter unter Druck (Deckel offen lassen oder Loch reinmachen)
  • Varianten mit Protein:
    1. Lachs Köder
    2. Shrimps Köder
    3. Katzenfutter mit Fisch als Köder

Profi-Tipp wenn die Vvn den Locktopf nicht mehr annimmt

Die Lockmittel sind ein Futtermittel für Wespen und niemals giftig, weder für Vvn noch für andere Insekten. Sie sollen ausschliesslich temporär eine Monitoringstelle ermöglichen. Bienen mögen die Mischungen regulär nicht, da sie entweder gärig sind oder Essig beinhalten.
Bei Ausbringung von Futterteig oder Apiinvert – siehe Fotos unten – muss mit Bienenbesuch gerechnet werden.
Je nach Lage wird im Frühjahr gerne dunkeles Bier angenommen. Ggf muss die Lockmischung vor Ort geprobt werden.

Hinweis:

  • Locktöpfe stehen am besten an Stellen, wo man sie häufig sehen/beobachten kann, z.B. Fensterbrett, Balkon, o.ä.,
    Hinweis: auf dem Boden oder auf Bienenbeuten aufgestellt ziehen sie Ameisen an
  • Locktöpfe regelmäßig und v.a. zu unterschiedlichen Zeiten auf Beflug checken
  • Wenn Vvn-Beflug festgestellt wird, Zeiten notieren sowie fotografisch festhalten (Ausgangspunkt für die Nestsuche mittels Triangulation oder Doppelkreismethode) und Abflugrichtung merken (in Karte verzeichnen)
  • Im Bereich von Spielplätzen und Kindertagesstätten sollten die Behälter mit Flüssigkeiten unzugänglich aufgestellt und ggf. mit Symbolen als nicht trinkbar (z. B. durchgestrichener Wassertropfen) gekennzeichnet werden. Hinweise für die Bevölkerung in Form von Flyern sind ratsam, eine Information an die Untere Naturschutzbehörde bei Aufstellung im öffentlichen Raum ist ebenfalls ratsam

Beobachtung:
Zum Winterübergang verweigern Vvn möglicherweise den Locktopf. Man kann versuchen die Vvn an Bienen, an blühendem Efeu, blühenden Sträuchern oder an Bäumen, die Futtersäfte wegen Läusebefall abgeben, abzufangen und auf den Locktopf zu setzen. Die Konditionierung auf den Locktopf ist in dieser Jahreszeit nicht immer erfolgreich.
Vvn Drohnen eignen sich nicht für die Nestsuche mit Locktopfmethode, denn sie pendeln nicht zurück zum Nest.
Die Vvn und die heimische Hornisse nutzen nicht dieselben Locktöpfe bzw. meiden sich an den „Futterstellen“, wenn es geht. Wenn man nur einen Locktopf aufstellt, kann es passieren, dass die heimische Vespa Crabro die Vvn „vergrault“ und diese nicht mehr zum Locktopf zurückkehrt (Futterneider).  Tipp: stelle hier einen zweiten Locktopf auf – darunter oder daneben.

 Veröffentlichungen von Experten und Institutionen

    • Veröffentlichung des Imkervereins Merzig mit sehr guter Beschreibung der sog. Dochglasmethode: https://www.imkerverein-merzig.de/imkern/asiatische-hornisse

Fotos, Grafiken