Vortrag von Dr. Susanne Meuser auf Youtube zu Vespa velutina
bitte Copyright beachten! CC BY-SA Dr. Susanne Meuser
In diesem Video berichte ich für das Saarland über die invasive ‚Asiatische Hornisse‘ Vespa velutina nigrithorax. Wenn Sie Vespa velutina sichten, melden Sie diese bitte umgehend mit genauer Ortsangabe, Sichtungsdatum, Sichtungsart (Wespe oder Nest oder beides) den entsprechenden Behörden. Ihr Ansprechpartner im Saarland: Herr Andreas Werno Ref. D/2 Arten- und Biotopschutz, Zentrum für Biodokumentation. E-Mail: a.werno(at)umwelt.saarland.de; Gebietsfremde Arten in der Tier- und Pflanzenwelt – Ansprechpartner – saarland.de
Am Bergwerk Reden 11. Informationen erhalten Sie auch gerne bei mir: meuser(at)saarlandimker.de. Ich zitiere im Rahmen meiner Stelle an der Universität des Saarlandes (Biowissenschaften Zoologie/Bienenforschung) und meiner ehrenamtlichen Tätigkeit für den Landesverband Saarländischer Imker e.V., Fachbereich Bienengesundheit, aus der Vielzahl der Veröffentlichungen in Journals und in Bildform meiner Kolleginnen und Kollegen weltweit. Die Veröffentlichungen werden entsprechend zitiert, das Copyright bitte beachten. Vespa velutina kann auch bei uns in Deutschland, wie es in anderen EU-Ländern bereits der Fall ist, zur Gefahr für Imkerei, weitere Landwirtschaft und einheimische Insektenwelt werden. Damit greift sie potentiell auch in andere ökologische Bereiche, wie z.B. die Vogelwelt, ein. Wüschenswert ist, dass wir in Deutschland mit zu ergreifenden Maßnahmen nicht in die Situation von Spanien und Frankreich geraten. Ihre Hilfe ist gefragt.
Wie unterscheidet man die einzelnen Tiere voneinander?
Die optischen Unterscheidungsmerkmale der einzelnen Wesen bei Vespa velutina nigrithorax sind schwer wahrzunehmen. Es braucht viel Übung die drei Wesen zu unterscheiden. Je nach Region und Entwicklungsstadium der Kolonie sind Königin und Arbeiterin nur über die Ermittlung des Gewichtes unterscheidbar. Und auch das Gewicht der Tiere ist extrem abhängig vom Nahrungsangebot. Pauschal lässt sich folgendes festhalten:
Königin:
besitzt einen Stachel
besitzt einen Fettkörper (im Hinterleib) – teils nur durch sezieren nachweisbar
Größe bis zu 3 cm
Flügelabstand am Rücken ist in der Regel größer als bei Arbeiterinnen. Breite des Mesoskutum bei Königinnen: 4,5 mm
Hinterleib meist länger als Flügel
Altköniginnen haben gegen Ende der Saison oft keine Flügel mehr
Arbeiterin:
besitzt einen Stachel
kleiner als Königin (aber ähnliche Größe wie unbegattete Jungköniginnen): bis zu 2,5 cm
erste Generation Arbeiterinnen sind meist deutlich kleiner (da sie anfangs einzig von der Königin ernährt werden), Folgegenerationen nehmen sichtlich an Größe zu
Drohn:
besitzt keinen Stachel
deutlich längere Fühler
Unterseite Hinterleib: zwei gelbe Punkte statt einem Stachelansatz
Berechnung der Entfernung mit Hilfe der Fluggeschwindigkeit
Wie weit ist oder kann das Nest der Vvn vom Locktopf bzw. aktuellen Standort entfernt sein? Die Information ist extrem wichtig für die Nestsuche via Triangulation. Für eine grobe Entfernungsbestimmung wird die folgende Berechnungsmethode empfohlen:
Berechnung:
Minimum: Sekunden der Flugzeit × 6,0 ÷ 2
Maximum: Sekunden der Flugzeit × 6,5 ÷ 2
Die Verweildauer im Nest wird dabei nicht abgezogen
bei warmem Wetter fliegen die Tiere schneller, die maximale Entfernung liegt häufig etwas über den berechneten Werten
zusätzlich von der Flugzeit abgezogene Verweildauern (z. B. 36-45 Sekunden) sind laut Erfahrungsberichten unzuverlässig (Quelle: WA-VAH, Dirk Wacker, 13.09.2024)
hilfreiche Kartentools zur Nestsuche findest Du HIER
Allgemeine Sicherheitshinweise: Bitte versucht nicht, das Nest „mal eben schnell“ selbst zu entfernen. Die Vespa velutina nigrithorax (Vvn) zeigt sich in Nestnähe äußert aggressiv, verteidigt das Nest lang anhaltend mit einer Vielzahl von angreifenden Tieren.
Was ist zu tun?
Einzeltiere sind meist nicht aggressiv
bitte beobachte die Flugtiere mit Abstand
fotografiere das Nest – am besten mit aufsitzenden Tieren
melde die Sichtung über das entsprechende Meldeportal der Bundesländer
Nochmal: versuche AUF GAR KEINEN FALL das Nest eigenständig zu entfernen!
Hinweis für Imker: ein einfacher Imkeranzug bietet KEINEN ausreichenden Schutz bei der Näherung an ein Nest
Im Video unten von Thomas Beissel befindet sich nur eine Kamera im Raum und es wurde lediglich 1x an den Balken geschlagen. Es ist niemand im Raum der Wärme oder CO2 abgibt oder wild um sich schlägt. Das Nest ist ein verhältnismäßig kleines Primärnest mit einer geringen Anzahl Tiere:
Video von Yvonne Ilk zu Aggressivität am Nest – es ist ein Sekundärnest mit einer großen Anzahl Tiere.
Der Aktionsradius der Asiatische Hornisse (Vespa velutina nigrithorax, Vvn) variiert im Jahresverlauf.
Primärnester (früher Jahresverlauf): Die Hornissen bewegen sich in einem Umkreis von etwa 300 m.
Sekundärnester (ab Sommer): Der Radius erweitert sich bis auf 1000m. Praxisbeispiele aus dem Jahr 2023 weisen darauf hin, dass Sekundärnester oft in einem Abstand von 450–500 m zum Primärnest vorkommen.
Späterer Jahresverlauf: Die Hornissen können einen Aktionsradius von mehr als 1000 m erreichen. (Quelle: WAG-VAH, Anja, 05.11.2024
Bei Nahrungsmangel sind deutlich größere Aktionsradien möglich.
Im nächsten Jahr können Jungköniginnen bis zu 60/80km entfernt vom „alten“ Nest ihr eignes, neues Nest gründen.
Die asiatische Hornisse Vespa velutina nigrithorax (de Buysson 1905): Lebenszyklus
Der Zyklus einer Kolonie der Vespa velutina nigrithorax beginnt im frühen Frühjahr (Februar- April) mit dem Baubeginn eines ersten Nestes durch eine junge Königin und endet (spätestens) im Dezember mit dem Absterben der gesamten Kolonie. Die vorherrschenden klimatischen Bedingungen einer Region haben einen starken Einfluss auf den Baubeginn, die Nestentwicklung und den gesamten Lebenszyklus der Kolonie. Zusammengefasst dauert es etwa 50 Tage, bis eine Arbeiterin der Vvn sich vom Ei zum ausgewachsenen Insekt entwickelt. Mit steigenden Temperaturen und einer zunehmenden Menge an Brut versorgender Tiere verkürzen sich die einzelnen Entwicklungsphasen.
Entwicklungsstadien der Brut (nach Dong & Wang, 1989):
Ei: Die Eier haben eine Entwicklungszeit von etwa 9-15 Tagen
Larve: Nach dem Schlüpfen durchlaufen die Larven innerhalb von 10-18 Tagen fünf Stadien mit 4 Häutungen
Puppe: Das Puppenstadium dauert ebenfalls etwa 15-20 Tage
Drohnen: Drohnen schlüpfen ca. 15 Tage vor dem Schlupf der Jungköniginnen
Zu Beginn des Zyklus kann man nicht wirklich von „Kolonie“ sprechen, da sichdie Königin allein um Nestbau, Versorgung der ersten Brut und ihre eigene Ernährung kümmern muss. Die aus dem Winterschlaf kommende, ausgezehrte Königin ernährt sich zunächst von Nektar und anderen Pflanzensäften, bis später die Larven ihre weitere, aminosäure- und proteinreiche, Ernährung mittels Speichelabgabe (Trophyllaxis) übernehmen.
Mit dem Schlupf der ersten Arbeiterinnen beginnt der eigentliche Lebenszyklus der Kolonie, die sich nun stetig entwickelt und wächst. Mit dem Anstieg der schlüpfenden Tiere verändert sich die Struktur des Nestes und die Lebensqualität der Tiere. Im Laufe der nächsten Wochen und Monate ist Gewichtszunahme bei den erwachsenen weiblichen Tieren nachweisbar (Rome et. al., 2015). Das Nest verändert sich in Struktur und Größe, da die vertikalen, zunächst wenige Zellen umfassenden Waben, erweitert und weitere Waben unten angebaut werden. Dafür wird Nesthülle im Innenbereich abgetragen und außen neu verbaut. Die Nähe von verfügbarem Wasser ist elementar im Nestbau und der Nestpflege während der wärmer werdenden Monate. Die Hülle muss permanent erweitert und gekühlt werden.
In einem „gesunden“ Kolonieverlauf schlüpfen zunächst zahlreiche Arbeiterinnen, die sich um unterschiedliche Aufgabenbereiche kümmern. Die Nahrungsbeschaffung für die stetig anwachsende Zahl an bald schlüpfender Larven nimmt zu, sie ist in der Regel an das in der Natur vorherrschende Nahrungsangebot angepasst. Die Larven werden zunehmend proteinreicher ernährt, bedingt durch das natürlich steigende Nahrungsangebot – Wetter und Wachstum aller als Nahrungsspektrum bevorzugter Insektenarten.
Auf dem Jagdplan der Arbeiterinnen stehen Honigbienen, Wildbienen, Falter, Fliegen und andere Insekten. Die Beute wird außerhalb des Nestes zerlegt und nur die „Filetstücke“, die proteinreiche Brust- und Flügelmuskulatur, werden an die Larven verfüttert. Die Arbeiterinnen selbst fressen diese Beute nicht. Sie (ebenso wie die Königin) werden von Larven des 5. Stadiums durch „Wiederkäuen“ der erbeuteten Nahrung plus Speichelzugabe ernährt: Die Larven „erbrechen“ einen aminosäure- und proteinreichen Speichel, von dem sich die Arbeiterinnen und die Königin ernähren.
Bei Anwesenheit einer gesunden Königin entwickelt sich die Kolonie zunächst „weiblich“. Sind in einer frühen Periode des Nestes Drohnen vorhanden, ist das Volk „drohnenbrütig“ (entweder durch eierlegende Arbeiterinnen oder eine fehl- oder nicht ausreichend begattete Königin).
Zum späten Sommer/Beginn des Herbstes werden die ersten Drohnen erbrütet, danach junge Königinnen. Ende September bis Mitte Oktober (je nach Wetter und Region) beginnt der Auszug der Drohnen und Jungköniginnen für die Paarung. Jede Kolonie hat ihren eigenen „sexual swarming peak“(Perrard et. al. 2009). Nach den Paarungen wird Nestaktivität noch weitergeführt bis in den Dezember hinein. Aber die Anzahl der Arbeiterinnen nimmt schnell und stetig ab und aufgrund schwindender Insektenvorkommen können Larven nicht mehr weiter versorgt werden. Es gibt Nester, in denen noch im Dezember Jungköniginnen nachweisbar sind. Sie sind unfruchtbar (Perrard et.al. 2009).
Allgemeines zur Herkunft und Verbreitung der Asiatischen Hornisse Vespa velutina nigrithorax (Vvn)
Vespa velutina umfasst eine Gruppe von Hornissenarten der Vespa-bicolor-Artengruppe, die ursprünglich im asiatischen Raum beheimatet sind. Innerhalb dieser Artengruppe lassen sich 12 Untergruppen zusammenfassen, die ausschließlich über ihre farblichen Merkmale unterschieden und systematisch gruppiert werden (Taxonomie). Vespa velutina nigrithorax wurde 1905 nach dem französischen Entomologen und Naturforscher Robert François du Buysson taxonomiert.
Der ursprüngliche Lebensraum der Vespa-velutina-Gruppe umfasst den Süden Chinas, Taiwan, den Osten Indiens entlang des Westrandes des Himalayas, Randgebiete Pakistans und Afghanistans sowie die Gebiete Malaysia, Sumatra, Vietnam und Thailand und die Inselgebiete Indonesiens.
Über Transport- und Handelswege findet seit Jahrzehnten eine stark zunehmende Ausbreitung der Velutina-Gruppe weltweit statt.
Als Biodiversität (Vielfalt des Lebens) bezeichnet die Biodiversitätskonvention der Vereinten Nationen die Vielfalt aller lebenden Organismen, Lebensräume und Ökosysteme auf dem Land, im Süßwasser, in den Ozeanen sowie in der Luft. Biodiversität beinhaltet:
die Vielfalt unterschiedlicher Arten als auch innerhalb einer Art (taxonomische Diversität)
die genetische Vielfalt innerhalb einzelner Arten sowie die Diversität aller Organismen eines Lebensraums (genetische Diversität)
die Vielfalt an Biotopen und Ökosystemen sowie an Ökosystemfunktionen wie Bestäubung und Samenverbreitung (ökologische und funktionale Diversität)
Begriffe wie Artenvielfalt oder biologische Vielfalt werden häufig synonym verwendet. Laut der obigen Definition ist das Konzept der Biodiversität jedoch umfassender als der Begriff der Artenvielfalt. Dieser ist lediglich ein Maß für die Anzahl an Arten. Artenvielfalt ist also strenggenommen nur ein Teilaspekt der Biodiversität.
Welche Auswirkungen bestehen grundsätzlich bei Einwanderung invasiver (nicht-einheimischer) Arten, ob Pflanzen oder Tiere?
Invasive Arten beinträchtigen regionale Ökosysteme, die sich über lange Zeiträume eigenständig entwickelt haben und sich an die gegebenen ökologischen und klimatischen Bedingungen und Veränderungen angepasst haben. Diese gebietsfremden Organismen dringen in etablierte Lebensräume ein und verändern aufgrund ihrer konkurrenzstärkeren Eigenschaften (z. B. schnelleres Wachstum, höhere Reproduktionsraten, Resistenz gegen lokale Krankheiten oder effizientere Ressourcennutzung) den bestehenden biodiversen Bestand einer Region.
Auf welchen Wegen werden ortsfremde Arten verbreitet und invasiert?
Ortsfremde Arten werden primär durch menschliche Aktivitäten verbreitet. Der globale Handel transportiert unbeabsichtigt Organismen in Ballastwasser, Transportcontainern oder als blinde Passagiere. Besonders bedeutsam sind der internationale Pflanzen- und Tierhandel, bei dem exotische Arten gezielt eingeführt werden, sowie der Tourismus und Warenverkehr. Natürliche Ausbreitungswege umfassen Klimaveränderungen, die neue Lebensräume eröffnen, sowie Verkehrswege wie Straßen und Wasserstraßen, die als Ausbreitungskorridore dienen. Entscheidend für die erfolgreiche Invasion sind günstige Umweltbedingungen, das Fehlen natürlicher Feinde und die hohe Anpassungsfähigkeit der eingeschleppten Arten. Städtische Räume mit ihren veränderten Umweltbedingungen begünstigen zusätzlich die Etablierung gebietsfremder Organismen. Die Komplexität der Ausbreitung resultiert aus dem Zusammenspiel menschlicher und ökologischer Faktoren.
Worin liegt die Beeinträchtigung für die einheimische Biodiversität … und welchen wirtschaftlichen Schaden richten sie an?
Verdrängung einheimischer Arten bis hin zum Aussterben
Veränderung von Lebensräumen
Beeinflussung von Ökosystemfunktionen wie Nährstoffkreisläufe oder Bestäubungsmuster
Störung von Nahrungsketten und -netzen
Krankheitsübertragung für neue Krankheitserreger, die von einheimischen Arten nicht bekämpft werden können
genetische Veränderungen durch Hybridisierung
Konkurrenz um Ressourcen wie Nahrung, Wasser und Lebensraum
Veränderung der Bodenchemie durch invasive Pflanzen. Dies kann auch zur Folgeerscheinung werden, wenn sich die Flora durch die fehlende Bestäubungsleistung aus Mangel an Bienen (verursacht durch die Vvn), zu verändern beginnt
Verstopfung von Wasserwegen durch invasive Wasserpflanzen
Welchen wirtschaftlichen Schaden richten invasive Arten an?
Zu den Millionen-Schäden in der Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft, Imkerei und im Gartenbau etc. kommen Kosten für Bekämpfungsmaßnahmen und Prävention hinzu. Aber auch an Gesundheitskosten durch allergieauslösende Pflanzen oder Tiergifte (wie bei der Vvn) und Reparaturen von beschädigter Infrastruktur, etwa bei der Verstopfung von Einlassrohren in Fabriken, Kraftwerken oder Wasseraufbereitungsanlagen durch invasive Muscheln ist zu denken.
Der Einfluss der Vespa velutina nigrithorax auf die heimische Biodiversität
Die Vvn ist 2004 in Europa angekommen und seit 2014 in Deutschland registriert. Derzeit gibt es keine umfassenden Studien oder Statistiken zu ihrem Einfluss auf die jeweilige regionale Biodiversität.