Category Biologie und Lebenszyklus

Neues aus Flandern

In Belgien wurden sehr interessante Untersuchungen durchgeführt, die wir hier gern mit Euch teilen möchten. Veröffentlicht wurde es in der Facebook- Gruppe „Aziatische hoornaar Vlaanderen“.

„Ich habe einige entfernte Nester zur Beobachtung in Käfigen installiert, um sie zu studieren. Sie erhalten Baumaterial (Hülle alter Nester), Zuckerwasser, Kabeljau und Insekten. Alle diese Nester haben inzwischen Arbeiterinnen. Es ist sehr interessant zu sehen, wie sich solch ein Nest entwickelt, Millimeter für Millimeter und Schicht für Schicht gebaut wird, wie die Larven versorgt werden, wie Nahrung zwischen den Individuen und den Larven ausgetauscht wird, wie sich die Larven verpuppen usw.
Einige Beobachtungen:

  • Ein Embryonest konsumiert etwa 5 bis 10 Insekten pro Tag (es werden nur Bruststücke von Bienen verwendet, Fliegen werden vollständig genutzt), abhängig davon, wie weit die Larven entwickelt sind.
  • Bei einem primären Nest mit einigen Arbeiterinnen steigt dies auf 10 bis 20 Insekten pro Tag.
  • Sobald mehr als 5 Arbeiterinnen vorhanden sind, bleibt die Königin im Nest.
  • Sie bevorzugen Insekten gegenüber Fisch, aber mit reinem Kabeljau funktioniert es auch.
  • Ich bemerke keine Arbeitsteilung unter den Arbeiterinnen. Sie holen alle Zucker, Proteine, Baumaterial und füttern die Larven.
  • Larven geben Laute von sich, um Futter zu betteln. Sie erhalten zermahlene Proteine und Zuckerwasser und geben im Gegenzug süße Tröpfchen zurück.
  • In vielen primären Nestern kommen auch einige Drohnen vor. Diese tun überhaupt nichts. Sie erhalten auch Proteine zum Kauen. Sie werden meist nach etwa zehn Tagen verstoßen.
  • Arbeiterinnen sind bereits 2 Tage nach der Geburt aktiv mit der Larvenpflege, dem Bau und dem Sammeln von Nahrung und Baumaterial beschäftigt.
  • Die Hülle um ein Nest wird innerhalb weniger Tage vollständig geschlossen (erste Schicht).
  • Fremde Arbeiterinnen aus einem anderen Nest werden problemlos akzeptiert (je jünger, desto leichter). Ältere Arbeiterinnen werden von den Arbeiterinnen heftig geputzt, ähnlich dem „Grooming“ bei Bienen. Manchmal tun sie dies auch mit Arbeiterinnen, die im selben Nest geboren wurden (anderer Geruch?).
  • Fremde Drohnen werden getötet.
  • Fremde Königinnen werden von den Arbeiterinnen angegriffen und gestochen, wenn sie sich dem Nest nähern.
  • Gestochene Königinnen sind eine Zeit lang gelähmt, können sich aber nach einigen Tagen vollständig davon erholen.
  • Bei einem Nest ohne Königin wird eine neue Königin akzeptiert.
  • Arbeiterinnen leben etwa einen Monat.
  • Ein Nest wird von innen abgebaut, um es an der Außenseite zu erweitern (mehrere Schichten Hülle).
  • Die Hülle des primären Nests kann verwendet werden, um schnell das sekundäre Nest zu bauen. Dann entstehen plötzlich Löcher im primären Nest (Beobachtung vom letzten Jahr).
  • Die Königin wechselt zwischen dem primären und dem sekundären Nest hin und her. Es befanden sich bereits Eier und kleine Larven im sekundären Nest, als die Königin noch im primären Nest gesehen wurde.
    Wer hat noch Ideen, die mit Nestern in Gefangenschaft getestet werden könnten?“

Monitoring an Trachtpflanzen

Eine gute Möglichkeit, die asiatische Hornisse zu beobachten und ihre Verbreitung zu verfolgen, stellen Trachtpflanzen dar. Zum jetzigen Zeitpunkt (März) ist die Mahonie (laut Thomas Beissel) unter besondere Beobachtung zu nehmen, sie bietet eine gute Nahrungsquelle für die Königinnen, die um diese Jahreszeit mit der Nestgründung beginnen.

Thomas Beissel hat zum Zwecke des Monitorings an Trachtpflanzen einen Blühkalender mit für Vespa velutina nigrithorax interessanten Nektarquellen erstellt.

Hier geht es zum Blühkalender

https://www.velutina-service.com

Vespa Velutina Kumulativ Meuser 02 2023

Vortrag von Dr. Susanne Meuser auf Youtube zu Vespa velutina

bitte Copyright beachten!
CC BY-SA Dr. Susanne Meuser

In diesem Video berichte ich für das Saarland über die invasive ‚Asiatische Hornisse‘ Vespa velutina nigrithorax. Wenn Sie Vespa velutina sichten, melden Sie diese bitte umgehend mit genauer Ortsangabe, Sichtungsdatum, Sichtungsart (Wespe oder Nest oder beides) den entsprechenden Behörden. Ihr Ansprechpartner im Saarland: Herr Andreas Werno Ref. D/2 Arten- und Biotopschutz, Zentrum für Biodokumentation. E-Mail: a.werno(at)umwelt.saarland.de; Gebietsfremde Arten in der Tier- und Pflanzenwelt – Ansprechpartner – saarland.de

Am Bergwerk Reden 11. Informationen erhalten Sie auch gerne bei mir: meuser(at)saarlandimker.de. Ich zitiere im Rahmen meiner Stelle an der Universität des Saarlandes (Biowissenschaften Zoologie/Bienenforschung) und meiner ehrenamtlichen Tätigkeit für den Landesverband Saarländischer Imker e.V., Fachbereich Bienengesundheit, aus der Vielzahl der Veröffentlichungen in Journals und in Bildform meiner Kolleginnen und Kollegen weltweit. Die Veröffentlichungen werden entsprechend zitiert, das Copyright bitte beachten. Vespa velutina kann auch bei uns in Deutschland, wie es in anderen EU-Ländern bereits der Fall ist, zur Gefahr für Imkerei, weitere Landwirtschaft und einheimische Insektenwelt werden. Damit greift sie potentiell auch in andere ökologische Bereiche, wie z.B. die Vogelwelt, ein. Wüschenswert ist, dass wir in Deutschland mit zu ergreifenden Maßnahmen nicht in die Situation von Spanien und Frankreich geraten. Ihre Hilfe ist gefragt.

Dr. Susanne Meuser

Biologie und Lebenszyklus

Allgemeines zur Biologie und dem Lebenszyklus der Asiatischen Hornisse Vespa velutina nigrithorax (Vvn)

©:CC BY-SA Julia Marfisi
Grafik von Julia Marfisi: Entwicklung im Jahresverlauf der Vespa velutina nigrithorax [Interne Quelle: 08.12.2024, WAG-VAH, Miri]

Die asiatische Hornisse Vespa velutina nigrithorax (de Buysson 1905): Lebenszyklus

Der Zyklus einer Kolonie der Vespa velutina nigrithorax  beginnt im frühen Frühjahr (Februar- April) mit dem Baubeginn eines ersten Nestes durch eine junge Königin und endet (spätestens) im Dezember mit dem Absterben der gesamten Kolonie. Die vorherrschenden klimatischen Bedingungen einer Region haben einen starken Einfluss auf den Baubeginn, die Nestentwicklung und den gesamten Lebenszyklus der Kolonie.  Zusammengefasst dauert es etwa 50 Tage, bis eine Arbeiterin der Vvn sich vom Ei zum ausgewachsenen Insekt entwickelt. Mit steigenden Temperaturen und einer zunehmenden Menge an Brut versorgender Tiere verkürzen sich die einzelnen Entwicklungsphasen.

Entwicklungsstadien der Brut (nach Dong & Wang, 1989):

  • Ei: Die Eier haben eine Entwicklungszeit von etwa 9-15 Tagen
  • Larve: Nach dem Schlüpfen durchlaufen die Larven innerhalb von 10-18 Tagen fünf Stadien mit 4 Häutungen
  • Puppe: Das Puppenstadium dauert etwa 15-20 Tage und ist stark temperaturabhängig
  • Drohnen: Drohnen schlüpfen ca. 15 Tage vor dem Schlupf der Jungköniginnen

Zu Beginn des Zyklus kann man nicht wirklich von „Kolonie“ sprechen, da sich die Königin allein um Nestbau, Versorgung der ersten Brut und ihre eigene Ernährung kümmern muss. Die aus dem Winterschlaf kommende, ausgezehrte Königin ernährt sich zunächst von Nektar und anderen Pflanzensäften, bis später die Larven ihre weitere, aminosäure- und proteinreiche, Ernährung mittels Speichelabgabe (Trophyllaxis) übernehmen.

Mit dem Schlupf der ersten Arbeiterinnen beginnt der eigentliche Lebenszyklus der Kolonie, die sich nun stetig entwickelt und wächst. Mit dem Anstieg der schlüpfenden Tiere verändert sich die Struktur des Nestes und die Lebensqualität der Tiere. Im Laufe der nächsten Wochen und Monate ist Gewichtszunahme bei den erwachsenen weiblichen Tieren nachweisbar (Rome et. al., 2015). Das Nest verändert sich in Struktur und Größe, da die vertikalen, zunächst wenige Zellen umfassenden Waben, erweitert und weitere Waben unten angebaut werden. Dafür wird Nesthülle im Innenbereich abgetragen  und außen neu verbaut. Die Nähe von verfügbarem Wasser ist elementar im Nestbau und der Nestpflege während der wärmer werdenden Monate. Die Hülle muss permanent erweitert und gekühlt werden.

In einem „gesunden“ Kolonieverlauf schlüpfen zunächst zahlreiche Arbeiterinnen, die sich um unterschiedliche Aufgabenbereiche kümmern. Die Nahrungsbeschaffung für die stetig anwachsende Zahl an bald schlüpfender Larven nimmt zu, sie ist in der Regel an das in der Natur vorherrschende Nahrungsangebot angepasst. Die Larven werden zunehmend proteinreicher ernährt, bedingt durch das natürlich steigende Nahrungsangebot – Wetter und Wachstum aller als Nahrungsspektrum bevorzugter Insektenarten.

Auf dem Jagdplan der Arbeiterinnen stehen Honigbienen, Wildbienen, Falter, Fliegen und andere Insekten. Die Beute wird außerhalb des Nestes zerlegt und nur die „Filetstücke“, die proteinreiche Brust- und Flügelmuskulatur, werden an die Larven verfüttert. Die Arbeiterinnen selbst fressen diese Beute nicht. Sie (ebenso wie die Königin) werden von Larven des 5. Stadiums durch „Wiederkäuen“ der erbeuteten Nahrung plus Speichelzugabe ernährt: Die Larven „erbrechen“ einen aminosäure- und proteinreichen Speichel, von dem sich die Arbeiterinnen und die Königin ernähren.

Bei Anwesenheit einer gesunden Königin entwickelt sich die Kolonie zunächst „weiblich“. Sind in einer frühen Periode des Nestes Drohnen vorhanden, ist das Volk „drohnenbrütig“ (entweder durch eierlegende Arbeiterinnen oder eine fehl- oder nicht ausreichend begattete Königin). 

Zum späten Sommer/Beginn des Herbstes werden die ersten Drohnen erbrütet, danach junge Königinnen. Ende September bis Mitte Oktober (je nach Wetter und Region) beginnt der Auszug der Drohnen und Jungköniginnen für die Paarung. Jede Kolonie hat ihren eigenen „sexual swarming peak“(Perrard et. al. 2009). Nach den Paarungen wird Nestaktivität noch weitergeführt bis in den Dezember hinein. Aber die Anzahl der Arbeiterinnen nimmt schnell und stetig ab und aufgrund schwindender Insektenvorkommen können Larven nicht mehr weiter versorgt werden. Es gibt Nester, in denen noch im Dezember Jungköniginnen nachweisbar sind.  Sie sind unfruchtbar (Perrard et.al. 2009).